FAQ

FAQ - Fragen und Antworten

Um was geht es beim Projekt «Lebensraum Dünnern»?

Von der Gemeindegrenze Balsthal/Oensingen bis zur Einmündung in die Aare in Olten soll die Dünnern hochwassersicher und aufgewertet werden. Der Abschnitt hat eine Länge von 19 km. 13 Gemeinden sind in den Planungsprozess involviert. Die Projektträgerschaft liegt beim kantonalen Amt für Umwelt.

Warum braucht es Hochwasserschutzmassnahmen an der Dünnern?

Der heutige Dünnernkanal vermag Abflüsse aufzunehmen, welche statistisch einmal in 50 Jahren zu erwarten sind. Für die Region Gäu mit dem zahlreich angesiedelten Gewerbe, den Industrien, wichtigen Verkehrsträgern und dem Bevölkerungswachstum genügt dieser Schutz nicht. Sie muss gegen ein Jahrhunderthochwasser geschützt werden. Bei einem solchen Ereignis muss heute mit Schäden in der Höhe von 680 Mio. Franken gerechnet werden. Rund 60% davon würden die Industrie und das Gewerbe betreffen.

Wer profitiert vom Projekt «Lebensraum Dünnern»?

Vom verbesserten Hochwasserschutz profitiert die Region Gäu als Ganzes. Insbesondere für das Gewerbe und die Industrie reduzieren sich die Hochwasserrisiken. Weiter wird die Dünnern als Naherholungsgebiet besser zugänglich und erlebbar. Das grosse Potenzial zeigt sich exemplarisch am bereits aufgewerteten Dünnernabschnitt in Wangen bei Olten. Neben den Menschen profitieren Flora und Fauna von einer naturnahen Dünnern.

Was beinhaltet die Variante «Ausbauen und Aufwerten»?

Die in einem langjährigen Prozess evaluierte Bestvariante «Ausbauen und Aufwerten» sieht vor, dass wo möglich das Gerinne der Dünnern verbreitert, die Uferböschungen abgeflacht und/oder die Ufer erhöht werden. Zudem sind Anpassungen an Brücken notwendig. Diese Massnahmen führen zu einer erhöhten Abflusskapazität gegenüber dem heutigen Zustand.

Was beinhaltet die Variante «Rückhalten und Aufwerten»?

Die Variante sieht südlich von Oensingen eine Terrainabsenkung von 2-7m vor. Sie betrifft eine Fläche von rund 16 ha auf einem kantonseigenen Grundstück. Diese weiterhin landwirtschaftlich nutzbare "Dünnerngrube" dient im Hochwasserfall als Retentionsbecken. Durch den Hochwasserrückhalt fallen die Massnahmen im weiteren Verlauf bis Olten geringer aus. Anpassungen sind an 28 von 55 Brückenbauwerken notwendig.

Warum ist «Ausbauen und Aufwerten» die bessere Variante?

Diese Variante ist im Hochwasserfall im Vergleich zur ebenfalls auf Stufe Vorprojekt ausgearbeiteten, sehr technischen Variante «Rückhalten und Aufwerten» verlässlicher, schränkt die Landwirtschaft weniger stark ein und die Gewässeraufwertung ist umfassender. Diese Vorteile rechtfertigen die rund 20 % höheren Investitionskosten gegenüber der Rückhaltvariante. Unter Berücksichtigung der Unterhalts-, Betriebs- und Instandstellungskosten reduziert sich der Unterschied weiter zu Gunsten von «Ausbauen und Aufwerten». Allerdings führt die Ausbauvariante in der Stadt Olten zu planerischen und baulichen Herausforderungen. Diese sollen in der Folgeplanung zusammen mit den Stadtbehörden möglichst «verträglich» gemeistert werden.

Wie wird die Landwirtschaft ins Projekt «Lebensraum Dünnern» eingebunden?

  • Die betroffene Landwirtschaft ist Teil der Projektorganisation und ein wichtiger Partner. Einerseits sind Landwirtschaftsvertreter im Projektteam vertreten, andererseits sind der Solothurner Bauernverband sowie der landwirtschaftliche Bezirksverein Teil der Begleitgruppe.
  • Der Kanton steht mit der Landwirtschaft in einem ständigen Dialog. Auf Stufe Vorstudie sind bereits im Jahr 2020 landwirtschaftliche Sprechstunden durchgeführt worden. Gegen 30 betroffene Bewirtschafter und Bewirtschafterinnen haben davon Gebrauch gemacht.
  • Das Hochwasserschutzprojekt hat aktiv am Prozess der landwirtschaftlichen Planung im Zusammenhang mit dem 6-Spurausbau der Autobahn teilgenommen. Die Projektträgerschaft setzt sich für eine entsprechende Güterregulierung ein.

Wie betrifft das Projekt «Lebensraum Dünnern» die Landwirtschaft?

Der Bedarf an landwirtschaftlichen Nutzflächen beträgt für die Variante «Ausbauen und Aufwerten» rund 17.6 ha. Berücksichtigt man die vom Kantonsrat am 22. März 2023 beschlossenen Projektoptimierungen, reduziert sich die Flächenbetroffenheit entlang der Dünnern um rund 7 ha landwirtschaftliche Nutzfläche.

Zur Schonung der bedeutenden Landwirtschaftsflächen im Gäu verzichtet der Kanton ganz bewusst auf umfassende Revitalisierungen, sondern konzentriert sich auf den notwendigen Hochwasserschutz. Der Flächenbedarf der beiden Vorprojektvarianten hat sich gegenüber den früheren Vorstudien reduziert. Teile der abgeflachten, neuen Dünnernböschungen können landwirtschaftlich extensiv genutzt werden (total ca. 5 ha), alle Fruchtfolgeflächen werden kompensiert. Der Kanton verfügt über mindestens 28 ha Realersatzflächen, mit denen er betroffene Landwirte und Landwirtinnen entschädigen kann.
Der Landbedarf erstreckt sich über 15-20 Jahre und fällt nicht von heute auf morgen an. Zudem beteiligt sich «Lebensraum Dünnern» beteiligt sich mit bis zu 3 Mio. Fr. an den Restkosten zur Landumlegung zum 6-Spurausbau, weil auch das Dünnernprojekt von der Landumlegung profitiert.

Wie profitiert die Natur vom Projekt «Lebensraum Dünnern»?

Das Projekt sieht die Wiederherstellung von natürlichen Gewässerstrukturen mit typischen Lebensräumen für eine standortgerechte, vielfältige Tier- und Pflanzenwelt vor. Die Strukturvielfalt des Gewässers wird z.B. durch den Einbau von Totholz, Steinblöcken, etc. erhöht. Durch die Aufhebung von Wanderhindernissen für Fische oder die Anbindung von Seitengewässern wird die Längs- und Quervernetzung verbessert. In der «Neumatten» Oberbuchsiten und «Chrummatt» Wangen bei Olten werden durch Aufweitungen des Gerinnes und eine naturnahe Gestaltung der Ufer zwei Hotspots mit Fokus Natur geschaffen. Zusätzlich werden, wo die Platzverhältnisse es zulassen, die Ufer auch auf den weiteren Gerinneabschnitten gegenüber dem heutigen Zustand abgeflacht und die Sohle wird variabler strukturiert.

Was habe ich als Bewohner/-in der Region vom Projekt «Lebensraum Dünnern»?

Grosse Gebiete im Gäu können bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis (HQ100) überflutet werden. Betroffen sind vor allem Siedlungsgebiet, Gewerbe, Industrie, Infrastrukturanlagen sowie auch Landwirtschaftsland. Im Rahmen des Projekts «Lebensraum Dünnern» wird der Hochwasserschutz verbessert, sodass es bei einem HQ100 zu keinen Überflutungen mehr kommt. Dies bedeutet mehr Sicherheit für die Bevölkerung der Region.

Das Projekt «Lebensraum Dünnern» schafft zudem mit den zwei Hotspots «Äussere Klus» in Oensingen und «Grossmatt» in Hägendorf neue Erholungsangebote direkt vor der Haustüre. Teilweise erfolgt eine gezielte Ausstaffierung mit Sitzgelegenheiten, Feuerstellen und Abfallbehältnissen - ähnlich wie an der Dünnern in Herbetswil.

Wie teuer wird das Projekt «Lebensraum Dünnern» und wer trägt die Kosten?

Die Variante «Ausbauen und Aufwerten» ist mit brutto 200 Mio. Franken berechnet (revidierter Kostenvoranschlag, Preisbasis April 2023). Die Investitionen auf 19 km zu Gunsten von mehr Sicherheit, Erholung und Natur lohnen sich. Mit jedem investierten Franken kann ein möglicher Schaden von gegen zwei Franken vermieden werden.

Die Kosten werden von Bund, Kanton und Gemeinden gemeinsam getragen. Der Anteil der 13 profitierenden Gemeinden beträgt 10%.

Wann fahren an der Dünnern die Bagger auf?

Aktuell wird die Bestvariante «Ausbauen und Aufwerten» im Richtplan festgesetzt. Anschliessend werden für Teiletappen von 2-3 km Bauprojekte erarbeitet und in der Form von kantonalen Nutzungsplänen genehmigt. Mit den Bauarbeiten für eine erste Etappe ist nicht vor 2028 zu rechnen. Die Arbeiten auf den 19 km nehmen insgesamt 15-20 Jahre in Anspruch.

Wie sah die Dünnern vor 100 Jahren aus?

Vor 100 Jahren sah die Dünnern noch komplett anders aus. Sie wies einen gewundenen Verlauf und ein weit verzweigtes Gerinnenetz auf. Verschiedenste Seitengewässer zweigten von der Dünnern ab wie z.B. der damalige Löwengraben, Rötelbach, Kappelbach, Hardgraben etc. Diese Seitengewässer wurden im Rahmen der Korrektion in den 40er Jahren mehrheitlich aufgehoben und die Dünnern kanalisiert.

Warum wurde die Dünnern vor 80 Jahren korrigiert?

Vor der Korrektion kam es entlang der Dünnern immer wieder zu grossflächigen Überschwemmungen durch die Dünnern. Neben den Siedlungsgebieten waren auch jeweils grosse Flächen der Landwirtschaft betroffen und somit die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Die intensivierte landwirtschaftliche Nutzung in den Kriegsjahren 1914 bis 1918 drängte somit eine Korrektion der Dünnern auf. Bis zu deren Umsetzung vergingen jedoch noch einige Jahre. Die Dünnernkorrektion war in den 1930er Jahren vor allem auch als Notstandsarbeit gedacht, um die Zahl der damaligen Arbeitslosen zu minimieren. Aufgrund des 2. Weltkrieges mussten die Bauarbeiten zeitweilig pausieren. Das Bauwerk wurde schliesslich in den 1940er Jahren vollendet.

Warum genügt die damalige Korrektur heutigen Ansprüchen (Hochwassersicherheit, Natur) nicht mehr?

Die Dünnern wurde in den 40er Jahren z.B. im Raum Oensingen auf eine Kapazität von rund 100 m3/s ausgebaut. Gemäss den heutigen Grundlagen muss bei einem 100-jährlichen Hochwasser aber mit einem Abfluss von 140 m3/s gerechnet werden in Oensingen. Die Kapazität der Dünnern ist somit zu gering. Auch wenn die Bezirke Gäu und Olten in den letzten 80 Jahren von Hochwasserereignissen der Dünnern verschont blieben, ist mit solchen zu rechnen – gerade auch angesichts der klimatischen Veränderungen. Hinzu kommt: In den letzten Jahrzehnten wurde vermehrt in Gewässernähe und in Überflutungsgebieten gebaut. Zahlreiche Wohnhäuser und Gewerbebetriebe, Strassen und andere Infrastrukturbauten wären von einem Hochwasser betroffen.

Gemäss heutigen Gewässerschutzvorgaben muss im Zuge von Hochwasserschutzmassnahmen der natürliche Gewässerverlauf möglichst wiederhergestellt werden. In der kanalisierten Dünnern bestehen markante Defizite in Sachen Dynamik, Strukturen, Vernetzung und Geschiebehaushalt.

Was ist der minimale Gewässerraum und wer legt ihn fest?

Der minimale Gewässerraum umfasst das Gerinne sowie die beidseitigen Uferbereiche eines Gewässers. Er gewährleistet einen minimalen Hochwasserschutz und sichert die natürlichen Funktionen des Gewässers. Der minimale Gewässerraum wird nach einer in der Gewässerschutzverordnung festgelegten Formel berechnet und im Rahmen von Ortsplanungsrevisionen durch die Gemeinden festgelegt. Das kann mit der Ausscheidung von Uferschutzzonen oder Baulinien geschehen. Der Gewässerraum darf nur extensiv genutzt werden – also zum Beispiel von der Landwirtschaft als extensive Wiese oder Weide. Der Gewässerraum muss an der Dünnern also unabhängig von einem Wasserbauprojekt ausgeschieden werden.

Wie unterscheiden sich Hochwasserschutz und Revitalisierung?

Die Hochwasserschutzmassnahmen bewegen sich im minimalen Gewässerraum und beschränken sich auf das Nötigste zur Erreichung der Hochwasserschutzziele. Die Massnahmen müssen aber nach heutigen Gesetzesvorgaben so umgesetzt werden, dass das Gewässer seine natürlichen Funktionen wahrnehmen kann.

Revitalisierungsmassnahmen dienen in besonderem Mass der Aufwertung des Gewässerlaufs. Sie gehen über reine Hochwasserschutzmassnahmen und fallweise den minimalen Gewässerraum hinaus. Im Projekt «Lebensraum Dünnern» sind für besonders hochwertige Revitalisierungsmassnahmen auf den 19 km vier punktuelle Hot-Spots in einem erweiterten Gewässerraum vorgesehen.

Welche Gesetze sind für die Umsetzung des Projekts «Lebensraum Dünnern» massgebend?

Für die Umsetzung des Projekts «Lebensraum Dünnern» sind auf Bundesebene hauptsächlich das Wasserbau- und Gewässerschutzgesetz inkl. der jeweiligen Verordnungen und auf Kantonsebene das Gesetz über Wasser, Boden und Abfall inkl. Verordnung massgebend. Da es sich um ein interdisziplinäres Projekt handelt, müssen die gesetzlichen Vorgaben einiger Begleitthemen ebenfalls berücksichtigt werden (z. B. Naturschutzgesetze, Fischereigesetze etc.).